In Hirschlanden gehen die Ideen nicht aus
In Hirschlanden gehen die Ideen nicht aus: Das alte Rathaus wird umfassend als Gaststätte, Brauerei und Museum genutzt / Brauwasser aus eigener Tiefenquelle
"Bier zu brauen war keine Schnapsidee"
Von unserem Redaktionsmitglied Daniela Käflein
Fränkische Nachrichten
26. Februar 2009
Hirschlanden. Genauso, wie man schmeckt, wenn etwas mit Liebe gekocht ist, schmeckt man, ob das Bier mit Freude gebraut oder Massenproduktion ist. Das Hirschbräu jedenfalls - soviel steht fest - ist keine Massenproduktion, und die gute Stimmung, die die Hirschlandener weiblichen und männlichen Bierbrauer im alten Rathaus beim Meischen und Messen haben, schmeckt man deutlich heraus.
Und so kommt es, wie es kommen muss: Beim Verkosten des neuen Bieres klopfen sie sich immer wieder auf die Schenkel und staunen, dass es ihr selbst gebrautes Bier ist, das so gut schmeckt.
"Bier zu brauen war keine Schnapsidee." Soviel steht für Ortsvorsteher Martin Herrmann, der ebenfalls zertifizierter Bierbrauer ist, fest. "Lange haben wir nach einer Möglichkeit gesucht, das alte Rathaus sinnvoll zu nutzen", erinnert sich Herrmann. Um an Fördermittel der EU zu kommen, sei es wichtig gewesen, das ganze Gebäude einzubeziehen. Mit Museum, Gaststätte und Brauerei sei das auch gelungen.
"Zunächst wollten wir Schnaps brennen. Aber eine Genehmigung dafür war nicht zu bekommen", erläutert er. Eines Nachts habe er dann die Idee mit dem Bierbrauen gehabt und über ein halbes Jahr alles über das Thema gesammelt. "Auch im Ortschaftsrat wurde der Gedanke begeistert aufgenommen", so Herrmann weiter. Im Eco-Musée im Elsass habe er sich das Bierbrauen in alten Waschkesseln mal live angeschaut und sich zusammen mit Lothar Beck und Wolfram Lauer zu den Hobby-Brauertagen aufgemacht.
"Dort haben wir einen Kupferschmied kennengelernt, von dem wir später unsere Anlage bezogen haben", erzählt Lothar Beck, der heute "Ober-Bierbrauer" ist und die Verantwortung trägt.
Die Hirschlandener brauen im Vollmischverfahren. "Das heißt, wir brauen nicht mit einem Granulat, das mit fertigen Backmischungen vergleichbar ist, sondern nach dem Reinheitsgebot." Die anwesenden Bierbrauer nicken bekräftigend, denn auf ihre individuelle Braukunst sind sie ausgesprochen stolz. Das merkt man gleich.
Elf Leute aus dem Baulanddorf machten sich schließlich auf, um das Brauen von der Pike auf zu lernen, darunter auch vier Frauen. Denn in Hirschlanden ist das Bierbrauen keineswegs eine reine Männersache. "An manchen Brautagen ist bei uns die Frauenquote sogar höher", erzählt Martin Hermann im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten. Da kein Granulat verwendet wird, ist jedes in Hirschlanden gebraute Bier einmalig.
Dicke Rezeptbücher hat die Brauerei-Mannschaft schon gewälzt. An jedem Brautag, also immer samstags, nehmen sie ein anderes Grundrezept und wandeln es ab. "Wir verwenden viel mehr Malz und andere Hopfensorten als die Industrie wegen der Bitterstoffe", erläutert Herrmann.
Durch das Malz werde der Geschmack voller, das Bier habe mehr Aroma. Außerdem wird durch ein Mehr an Malz die Stammwürze erhöht. In Hirschlanden liegt sie etwa bei 7,1 Prozent.
Die Philosophie der Hirschlandener Brauer ist einfach und bis jetzt immer wieder aufgegangen: "Es gibt niemanden, der nach dem Genuss unseres Bieres noch industriell gebrautes Bier trinken will", erklärt Martin Herrmann stolz.
Und tatsächlich: Im Selbsttest angewendet ergibt der Geschmacksvergleich ein eindeutiges Ergebnis: Das Hirschbräu schmeckt viel aromatischer als das konventionelle Bier.
So kommt es, dass in der am Wochenende immer geöffneten Gaststube ausschließlich Hirschbräu verkauft wird. "Wir verkaufen jedes Mal die doppelte Menge als ursprünglich geplant und sind deshalb immer wieder am Brauen", erzählen die Hirschlandener Fachleute. "Das dazu gekaufte Bier für die Gaststube trinkt niemand mehr. Alle wollen Hirschbräu", ist Lothar Beck stolz.
So kam es, dass die zunächst angeschaffte 75-Liter-Anlage durch eine 150-Liter-Anlage ersetzt werden musste. "Allerdings war das die Obergrenze dessen, was wir uns leisten konnten", erklärt Martin Herrmann. Dazu habe man einen Kredit aus der Dorfkasse genommen, der inzwischen aber wieder abgelöst ist.
Von Krise ist also - jedenfalls beim Biertrinken in Hirschlanden - nichts zu spüren. Und deshalb liegen sie auch schon auf dem Tisch, die Prospekte für den nächst größeren Braukessel. "Aber dafür müssen wir erst noch eine Weile brauen und sparen", schmunzelt Martin Herrmann. Seine Tochter Anna hat bereits einen Investitionsplan aufgestellt. Damit alles seine Richtigkeit hat, muss beim Brauen auch ein Protokoll für den Zoll geschrieben und die Biersteuer abgeführt werden. Pro 100 Liter sind das etwa sieben bis acht Euro. Das A und O beim Bierbrauen ist die Hygiene. "Beim Abfüllen in die Flaschen muss es total sauber zugehen", wissen die Brauer. Die Fässer werden mit Weingeist gereinigt, die Flaschen ausgekocht.
Das Hirschlandener Rathaus ist in der Winterzeit jeden Samstag ab 18 Uhr und in der Sommerzeit ab 19 Uhr geöffnet. Am 17. Mai findet ab 10 Uhr ein Tag der Brauerei mit Bierprobe statt.